BigBrother is watching you – der BigBrother Award 2015

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Was haben eine Barbie mit Mikrofon und WLAN, Thomas de Maizière und Amazon gemeinsam? Nicht viel auf den ersten Blick. Seit letzter Woche sind sie – und einige Andere – Preisträger des BigBrother Awards. Mehr ein Anti-Preis für schlechte Vorbilder, bedenkliche Erfindungen und missglückte Projekte im Themenfeld „Datenschutz und Datensicherheit“.

Was ist der BigBrother Award?

Die Idee ist nicht neu – seit 2000 lobt der Verein Digitalcourage e.V. in Bielefeld den Negativ-Preis für Firmen, Politiker und Organisationen aus, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen, sowie persönliche Daten verkaufen oder gegen ursprüngliche Interessen verwenden. Dabei sind die BigBrotherAwards ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden gefährliche Machenschaften für Menschen und Demokratie mit diesen Preisen ausgezeichnet. Die französische Zeitung „Le Monde“ findet dafür eine sehr treffende Bezeichnung: „Die Oscars gegen Überwachung“

Wer wählt die „Preisträger“ aus?

Die deutsche Jury besteht aus Vertretern der unabhängigen Organisationen Digitalcourage e.V., Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (Fitug), Chaos Computer Club (CCC), Humanistische Union (HU) und die Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR).

Die Preisträger in diesem Jahr

Vergeben wird der Preis in unterschiedlichen Kategorien. Dabei sind die Themenfelder und Preisträger bunt und breit aufgestellt. So gewann in diesem Jahr auch eine Barbie-Puppe, weil sie nicht nur sprechen, sondern vor allem gut zuhören kann. Um eine Interaktion mit dem Kind herzustellen, muss erst einmal jedes Wort aufgenommen und verarbeitet werden. Dieser Prozess läuft ununterbrochen und unterscheidet nicht zwischen gezielter Spracheingabe durch das Kind und etwaigen Ehestreitigkeiten im Hintergrund. Das Spielzeug, welches mit Mikrofon und WLAN ins Kinderzimmer kommen soll, ist noch nicht zu kaufen, aber damit bereits mit einem ersten Preis „ausgezeichnet“.

Im Bereich Arbeitswelt hat sich Amazon Logistik für den Preis qualifiziert. Hingegen in der Kategorie “Behörden und Verwaltung” fiel die Wahl auf den Bundesnachrichten-dienst (BND), weil er laut Jury „aufs Engste in den menschenrechtswidrigen NSA-Über­wachungsverbund verflochten ist“.

Für die Kategorie Verbraucherschutz vergibt der Verein die Auszeichnung diesmal an das Bundesministerium für Gesundheit und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Das Ministerium habe „mit seinen eHealth-Projekten die Vertraulichkeit zwischen ÄrztInnen und PatientInnen massiv gefährdet und erschüttert“, so die Datenschützer.  Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière wurde mit dem Anti-Preis bedacht. Er teilt ihn sich mit seinem Vorgänger Hans-Peter Friedrich. Die Mitglieder der Jury werfen den beiden „die systematische und grundlegende Sabotage der geplanten Europäischen Datenschutzgrundverordnung“ vor.

Weiterhin erhielten die Crowdworking-Plattformen Amazon Mechanical Turk und   Elance-oDesk den BigBrother Award 2015 in der Kategorie Wirtschaft für die Umsetzung des „digitalen Tagelöhnertums“.

Fazit

Auch die diesjährige Verleihung zeigt die allgegenwärtige Brisanz von datenschutzrelevanten Themen. Nennenswert erscheint hier zunächst die Laudatio von Maximilian Schrems. Der österreichische Jurist stieß kürzlich eine Sammelklage von 25.000 Facebook-NutzerInnen gegen den gleichnamigen Konzern an. Bei dem Kampf von David gegen Goliath – Schrems gegen Facebook, geht es in der Sache um die Sammlung persönlicher Daten seitens Facebook, die jedoch explizit von den Benutzern gelöscht wurden.

Spätestens an dieser Stelle verdeutlicht der BigBrother Award, dass die Digitalisierung nicht nur Erleichterungen und Innovation bedeutet, sondern möchte das Bewusstsein für den eigenen Umgang mit persönlichen Daten, den kritischen Blick auf Unternehmen und die genaue Beobachtung der Politik stärken.

Die Preisverleihung ist ebenfalls eine Möglichkeit, das Thema Datenschutz in den Fokus zu rücken. Ein gesteigerteres Interesse daran entsteht oftmals erst, wenn beispielsweise Online-Banking-Pannen auftreten, intime Fotos im Internet auftauchen oder digitale Kundendaten gestohlen werden.

Ziel der Datenschützer ist mithin Prävention und einen neuen – kritischen – Blickwinkel zu entwickeln und die rosarote (Daten-) Brille einmal abzunehmen.

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Bildquelle

Pixabay (CCO Public Domain)

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Über den Autor

Mein Name ist Julius S. Schoor. Ich bin Rechtsanwalt und spezialisiert auf IT-Vertragsrecht. Seit 2011 bin ich als Datenschutzbeauftragter TÜV-zertifiziert und bereits für mehrere Unternehmen als solcher offiziell bestellt.

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