Krankenkassen wollen nur unser Bestes. Unsere Daten.

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Mit Verkaufsstart der neuen iWatch von Apple bekommt die Diskussion zur Übermittlung von Gesundheitsdaten an die Krankenkasse eine neue Dynamik. Damit erhielte das geflügelte Wort „auf Schritt und Tritt immer mit dabei“ eine völlig neue Bedeutung. Datenschützer sind alarmiert – zu recht?

Die Idee

Ausgangspunkt sind die sogenannten „Wearables“ – also tragbare Computersysteme wie Smartwatches oder mit dem Smartphone vernetzte Fitnessarmbänder. Diese messen neben Puls und Herzschlag, auch den Schlafrhythmus und Ernährungsgewohnheiten. Anhand dieser Einzeldaten lässt sich ein detailliertes Nutzerprofil erstellen, welches damit einen nicht unerheblichen Einblick in den Gesundheitszustand des Nutzers gewährt. Durch eine Auswertung dieser Profile und Daten, eröffnet sich die Möglichkeit zur Prävention und Behandlung von Krankheiten.

Spätestens an dieser Stelle steigt das Interesse der Krankenkasse an diesen Daten.

In den USA zeichnet eine dortige Krankenkasse bereits die Fitnessdaten ihrer Versicherten auf und gewährt denen einen Bonus, die sich gesund und fit halten. Die „New York Times“ ist begeistert und vergleicht diese Idee mit innovativen, schnell wachsenden Unternehmen wie Spotify oder Airbnb.

Erwähnenswert ist auch das US-Start-Up-Unternehmen „Oscar Health“. Das Unternehmen schickt den Versicherten Smartwatches und zahlt Prämien, wenn ein vorher festgelegtes Fitnessziel erreicht wurde. In der Praxis zahlt „Oscar Health“ den Versicherten einen Doller pro Tag, wenn diese das vorgeschriebene Fitnessziel  – beispielsweise eine bestimmte Schrittzahl – erreichen. So wirbt das Start-Up auch auf Werbeplakaten: „Jeder geht in New York zu Fuß, unsere Mitglieder werden dafür bezahlt“. Bei $ 20 gibt es dann einen Amazon-Gutschein. Maximal können auf diese Weise $ 240  pro Jahr gespart werden. So einfach kann es sein.

Bereits jeder dritte Deutsche würde Gesundheitsdaten an die Krankenkasse übermitteln

Aber würde diese Idee auch in Deutschland funktionieren? Die Deutschen sind beim Thema BigData bekanntlich skeptisch. Eine aktuelle Befragung des IT-Verbands „Bitkom“ zeigt jedoch, dass bereits 37% der Befragten sich vorstellen könnten, ihre Gesundheitsdaten weiterzugeben. Bei den über 65-jährigen Teilnehmern der Studie sind 47% – also fast die Hälfte – damit einverstanden, ihre Gesundheitsdaten an die Krankenkasse zu übertragen. Denen gegenüber stehen über 60% der Befragten, die eine Übermittlung ihrer Gesundheitsdaten an die Krankenkasse ablehnen.

Aber ist diese Entwicklung aufzuhalten?

In Europa plant die Generali-Gruppe einen Vorstoß auf das sensible Terrain des Daten-Trackings. Sie will auch gesunden Lebensstil belohnen und in der Krankenversicherung künftig Fitnessdaten der Kunden sammeln. Kunden, die mithilfe einer App beweisen, dass sie etwas für ihre Fitness tun, ihre Ernährung und ihr Lebensstil gesund sind, sollen Rabatte bekommen. Zu diesem Zweck hat die Generali eine Kooperation mit dem südafrikanischen Versicherer Discovery vereinbart.

Die AOK Nordost hat als eine der ersten großen gesetzlichen Kassen in Deutschland kürzlich eine offene Kooperation mit dem Hersteller der App „Dacadoo“ gestartet. Ziel der Zusammenarbeit laut App-Erfinder Peter Ohnemus: Anhand der Gesundheitsdaten individuell passende Tarifmodelle für die Versicherten zu ermitteln.

Fazit

Wir sind folglich nur noch einen Wimpernschlag von 20-Euro-Gutscheinen für die abendliche Joggingrunde entfernt.

Auch die Krankenkassen scheinen den Ruf „Daten sind das neue Gold“ gehört zu haben. Allerdings sollten aus Sicht der Versicherten nicht nur die Chancen, sondern auch die Problemfelder gesehen werden.

Durch die Übertragung der Fitness- und Gesundheitsdaten transformiert sich der Versicherte selbst zum gläsernen Bürger. Er beschneidet sich damit in seiner eigenen Freiheit für einen vermeintlichen Bonus.

Diesen Bonus bieten jedoch bereits fast alle Krankenkasse mit entsprechenden (analogen) Bonus-Heften an. Wer zum Beispiel nicht raucht, sich regelmäßig impfen lässt und einen Sportkurs absolviert, erhält einen Bonus. Daher erscheint der Vorstoß zur vollständigen Überwachung der Vitalfunktionen, der Schlaf- und Essgewohnheiten nicht nur unnötig, sondern als überzogen.

Abschließend ist zu fragen, ob Krankenkassen überhaupt einen sicheren Umfang mit dieser Datenflut gewährleisten könnten. Forschung und Entwicklung im Bereich BigData befinden sich noch am Anfang und stellen nicht nur die IT-Infrastrukturen vor große Probleme.

Im Ergebnis ist Benjamin Franklin zuzustimmen: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

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Bildquelle

Pixabay (CCO Public Domain)

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Über den Autor

Mein Name ist Julius S. Schoor. Ich bin Rechtsanwalt und spezialisiert auf IT-Vertragsrecht. Seit 2011 bin ich als Datenschutzbeauftragter TÜV-zertifiziert und bereits für mehrere Unternehmen als solcher offiziell bestellt.

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