Das Landgericht Hamburg macht ernst und setzt mit seinem Beschluss vom 18.11.2016 die umstrittene „Playboy“-Entscheidung (GS Media BV) des EuGH vom 08.09.2016 um

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Zugegeben, das Thema hat nicht wirklich was mit Datenschutz zu tun. Doch alle Webmaster, die sich auf Grund Ihrer Tätigkeit mit dem Datenschutz auseinandersetzen müssen, sollten sich auch mit diesen Urteilen beschäftigen. Es geht um nichts anderes als um die Linkhaftung. Konkret um die Haftung für die Linksetzung, die auf einen rechtswidrigen Inhalt im Netz verweist. Die EuGH-Entscheidung verschärft diese nun deutlich.

Doch der Reihe nach:

1. Wofür soll der Webseitenbetreiber haften, wenn er doch „nur“ einen Link auf fremden Content setzt?

Soweit dieser Content rechtswidrig ist (d.h. gegen geltendes Recht verstößt), haftet dieser neben demjenigen, der diesen Content originär auf seiner Seite veröffentlicht hat, auf gleiche Weise. Die „öffentliche Wiedergabe“, so der juristische Fachbegriff, von rechtswidrigen Content ist verboten und kann neben einer kostenpflichtigen Abmahnung auch Bußgeldverfahren nachsichziehen oder gar strafrechtliche Konsequenzen haben. Und zwar für beide! Für denjenigen, der diesen Content originär veröffentlicht hat und derjenige, der darauf verlinkt.

2. Haftet der Linksetzer in jedem Fall?

Bisher galt folgende Unterscheidung: Verweist der Betreiber einer Webseite auf absolut verbotenen Content, wie zB Kinderpornografie, dann haftet er ohne Frage für die „öffentliche Wiedergabe“.
Daneben gibt es aber auch Content, der lediglich „relativ“ rechtswidrig ist. Also nicht für alle, sondern nur für denjenigen, der die Rechte zur Veröffentlichung eben nicht hat. Häufig konnte derjenige, der auf einen solchen Content verlinkt, nicht auf Anhieb erkennen, ob dieser Content mit relativen Rechten ausgestattet war.

In solchen Fällen konnte sich der Verlinker noch relativ leicht exkulpieren. Mit einer kostenintensiven Abmahnung musste er nicht in jedem Fall rechnen. Normalerweise war es so, dass derjenige, der auf eben solchen Content verlinkte, zunächst kostenfrei auf die fehlenden Rechte des Contents hingewiesen werden musste – er also zunächst in die Bösgläubigkeit bzw. in die positive Kenntnis versetzt werden musste. Er musste also darauf hingewiesen werden, dass der Inhalt, auf den er verweist, nicht die Rechte für eine „öffentliche Wiedergabe“ besitzt (ein Fachbegriff aus dem Urheberrecht). Sollte der Webseitenbetreiber dann seinen Link auf eben diesen Content nicht entfernen, so wurde er in voller Haftung genommen (kostenpflichtige Abmahnungen, Schadensersatz etc.). Zumeist handelt es sich hierbei um urheberrechtlich geschützten Content.

3. Wie hat sich die Haftung des Linksetzers nun verschärft?

In seiner Entscheidung aus dem September 2016 hatte der EuGH darüber zu befinden, inwieweit ein Linksetzer, der auf eine Seite verlinkte, auf dem die aktuellen Bilder des Playboys zu sehen waren, eben für die fehlenden Rechte für eine „öffentliche Wiedergabe“ haften musste.

Der EuGH entschied, dass nunmehr sich der Verlinkende nicht mehr mit Gutgläubigkeit oder dergleichen exkulpieren könne, sondern vom ersten Moment an genau so haftet, wie der der originär die Urheberrechtsverletzung auf seiner Webseite begangen hat. Das gilt soweit der Verlinkende seine Webseite im weiteren Sinne „mit Gewinnerzielungsabsicht“ handelt. Von diesen Personen könne nach Ansicht des EuGH erwartet werden, dass er „die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk nicht unbefugt veröffentlicht wurde“. Wie das praktisch umgesetzt werden könnte, dazu hat der EuGH keine Ausführungen mehr gemacht.
Die Frage ist auch: Wer alles handelt „mit Gewinnerzielungsabsicht“? Handelt schon der einfache Blog-Schreiber mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn er auf seiner Seite einen Werbebanner platziert hat?

4. Welche Konsequenzen müssen aus dieser Entscheidung gezogen werden?

Noch viel stärker als bisher sollte darauf geachtet werden, dass der Content, auf den verwiesen wird, die erforderlichen Rechte für eine öffentliche Wiedergabe hat. Gegebenenfalls sollte man sich bei demjenigen rückversichern, der diesen Content originär bereitstellt, bzw. beim Urheber selbst.
Im Zweifel sollte man auf die Verlinkung verzichten.
Mit Beschluss des LG Hamburgs wandte erstmals ein deutsches Gericht die Entscheidung des EuGH entsprechend auf einen Fall an, in dem ein Betreiber einer Webseite auf Bilder einer anderen Webseite verlinkt hatte. Diese standen sogar auch unter einer Creative – Commons – Lizenz. Doch diese war in dem Fall von der Seite, auf die verlinkt wurde, nicht richtig eingehalten worden. So war auch die Verlinkung rechtswidrig und der Verlinkende wurde „zu recht“ (ebenfalls) haftbar gemacht. Durch das Setzen der Verknüpfung wurde „der Zugriff für ein neues Publikum eröffnet“, so das LG Hamburg, „an das der Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatte“.

5. Fazit

Wann einer „mit Gewinnerzielungsabsicht“ handelt und wann nicht, dürfte in der Praxis sehr schwer abgrenzbare sein. Im Zweifel wird man sich zukünftig nicht mehr damit entschuldigen können, dass man keinerlei Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Contents auf der verlinkten Webseite hatte. Sollte man sich vor der Linksetzung nicht „die erforderliche Nachprüfung“ – auch das noch ein recht offener Begriff – vorgenommen hat, riskiert von Beginn an eine kostenpflichtige Abmahnung nebst strafbewehrter Unterlassungserklärung. Ein gesondertes Inkenntnissetzen des Linksetzers über die Rechtswidrigkeit des Contents vorab, entfällt.

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Titelbild (CCO Public Domain)

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Über den Autor

Mein Name ist Julius S. Schoor. Ich bin Rechtsanwalt und spezialisiert auf IT-Vertragsrecht. Seit 2011 bin ich als Datenschutzbeauftragter TÜV-zertifiziert und bereits für mehrere Unternehmen als solcher offiziell bestellt.

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